Welt in Aufruhr! CC Diskussion zu globaler Disruption anlässlich Präsentation der Europ. Toleranzgespräche Fresach 2025

Franz Schuh über Europa: „Wenigstens was los“

Beim Denk.Raum.Fresach sprach der Essayist Franz Schuh über die aktuelle Weltlage und mögliche historische Parallelen. Während viele angesichts globaler Krisen Bezüge zu den 1930er Jahren sehen, bleibt Schuh zurückhaltend. Die Vergangenheit könne zwar analysiert und künstlerisch verarbeitet werden, aber sie bringe oft keine wirkliche Aufklärung. Die Gegenwart hingegen sei schmerzhaft, weil man sie unmittelbar erlebe und nicht so einfach einordnen könne. Schuh zitierte den Soziologen Niklas Luhmann: „Wir leben so, dass jeden Tag alles anders werden kann, und gleichzeitig kann ich nichts ändern.“ Damit betonte er die Diskrepanz zwischen dem, was geschieht, und dem, was der Einzelne tatsächlich beeinflussen kann. Im Gespräch mit Claus Reitan verwies er darauf, dass Aufklärung oft nur begrenzte Wirkung hat, da das Gegenwärtige emotional schwerer zu verarbeiten sei als die Vergangenheit. In Anlehnung an Schiller stellte er fest: „Die Zeit des Schönen, Wahren und Guten ist vorüber.“ Ein zentrales Thema war die Faszination des Untergangs. Menschen würden den Zusammenbruch oft als aufregend empfinden – nicht zuletzt, weil er eine Art kollektive Erfahrung schafft. Während individuelles Scheitern bedrückend sei, könne ein gemeinsamer Untergang fast verbindend wirken. Dennoch betonte Schuh, dass jede Epoche stets zwischen Hoffnung und Katastrophe schwankt. Seine optimistische Strategie: Mit dem Schlimmsten rechnen, aber auf das Beste hoffen.

Der Europapolitiker Hannes Swoboda warnte vor einer politischen Sackgasse, die durch den Wegfall ideologischer und religiöser Rahmenbedingungen entstanden sei. Er sieht darin eine Ursache für gesellschaftliche Unsicherheit und das Erstarken autoritärer Führungspersönlichkeiten, die Macht ohne ideologische Grundlage ausüben. Die fehlende Orientierung verstärke das Chaos, das durch Digitalisierung und Social Media weiter befeuert werde. Der Autor Franz Schuh betonte, dass die aktuelle Auflösung der Weltordnung in den Wahnwitz führe, während die Politikexpertin Sonja Jöchtl die veränderten Bedingungen politischen Handelns und das Fehlen klarer Anforderungen an Politiker kritisierte. Psychotherapeutin Margarethe Prinz-Büchl plädierte für mehr Selbstwirksamkeit, um dem gesellschaftlichen Wahnsinn aktiv entgegenzuwirken.